Jungpferde auf der Weide

My Horse-Affairs

Zu Beginn

Seit langer Zeit bin ich von Pferden angetan, das liegt wohl in meiner Familie. Mein Großvater verdiente seinen Lebensunterhalt als Spediteur – und damals waren von Pferden gezogene vierrädrige Karren das Verkehrsmittel der Wahl.

Eine der Geschichten, die mein Großvater mit recht verbissenem Gesicht weniger gern erzählte, betraf eine Rauferei mit einem Straßenbahnführer.


Schwer beladen mit Bierfässern und Eisblöcken zog sein Gespann die schwere Last bergauf vom Stuttgarter Kessel nach Vaihingen, das am Rand der Filder-Hochebene liegt. Von Zeit zu Zeit gönnte er seinen Pferden eine kurze Verschnaufpause, um nach einem aufmunternden „Holla Hü“ wieder in die Gänge zu kommen und die strapaziöse Tour fortzusetzen.


Bald am Ziel angekommen und den Zugtieren eine erholsame Rast gönnend hörte er von rückwärts ein Gebimmel und Geläute, gerade so als ob Feueralarm gegeben würde, und halb Stuttgart in Flammen stünde. Ein Wagen der Filderbahn war im Anrollen, und der Straßenbahnführer wollte sich für seinen elektrischen Antrieb freie Bahn verschaffen. Das störte meinen Großvater jedoch wenig.


Verschwinde mit deinen elendigen Gäulen“, tönte es aus dem Führerhaus des Triebwagens, der zum Stehen gekommen war „sonst werde ich deinen Karren beiseite fahren, und du kannst deine dummen Viecher zum Abdecker bringen“. Mit der Antwort „Nur ruhig Blut, die Rast ist bald vorüber, dann geht es schon gleich weiter“ versetzte er den Straßenbahnführer noch mehr in Rage, der mit Beschimpfungen und Flüchen Paroli bot.


Daraufhin griff sich Großvater die Kutscherpeitsche, stieg gemächlich vom Kutschbock herab und verdrosch den Straßenbahnführer nicht ohne ausführliche Belehrung, seine Pferde lasse er weder schinden noch beleidigen und von einem Straßenbähnler schon gar nicht. Das grenzte an sich schon an Majestätsbeleidigung, waren Angestellte der Filderbahnlinie doch mindestens eine Stufe besser gestellt und höher angesehen als die Mitarbeiter der Straßenbahn.


Natürlich hatte der Zwischenfall ein Nachspiel beim Amtsgericht; und Großvater bezahlte die Strafe ohne mit der Wimper zu zucken. Hatte es doch gegolten, die Ehre und das Wohlergehen seiner Rösser zu beschützen.





Pferde, Pferde

Und mir war früh klar, ich musste reiten lernen. Es heißt zwar, früh übt sich, was ein Meister werden will, meine Schul- und Berufsausbildung ging aber vor. Endlich konnte ich Reitunterricht nehmen. Geduldige Schulpferde und ein militärisch geprägter Reitlehrer sorgten bald für ausreichende Sattelfestigkeit. Was für das große Glück noch fehlte, war ein eigenes Pferd.


Das dauerte nicht lang: Ein junger Vollblüter wurde mir angeboten, und ich konnte nicht widerstehen. Was ich in Kauf nahm: Die Ausbildung des Pferdes beschränkte sich auf das Hergeben der Hufe und die Zäumung mit einem Stallhalfter. Alles Weitere blieb noch zu tun.


Mit Geduld und der Unterstützung von Freunden nahm die Rittigkeit des Pferdes von Jahr zu Jahr zu. Turnierferfolge zeigten, dass die sicherlich nicht professionelle Dressuerausbildung erfolgreich war. Natürlich gab es auch Rückschläge und Durststrecken.


Ausritte, Quadrille-Reiten und Hubertus-Jagdreiten bleiben mir in bester Erinnerung, Reiterin und Pferd entwickelten sich im Lauf der Zeit zu einem echten Team.


Bläsergruppe

Bläsergruppe zur Hubertus-Jagd

Hörprobe


Auf der Schwäbischen Alb verbrachte der Blüter sein Altenteil. Ich glaube, für dieses Pferd waren die Zeit auf prächtigen Weiden und die liebevolle Betreuung im Stall gern angenommene Geschenke für zuvor treu unter dem Sattel geleistete Dienste.


Wer einmal ein junges Pferd in Obhut genommen und ausgebildet hat, weiß um die Freuden aber auch Leiden des Besitzers. Nicht zu leugnen sind die schmerzhaften Momente, wenn der Tierarzt zu rufen war, weil eine Verletzung, ein Hufgeschwür oder Schlimmeres behandelt werden musste. Dass aber die schönen Erinnerungen bei mir überwogen, hat mit zur Entscheidung beigetragen, ein Pferdeleben möglichst von Beginn an zu begleiten. Der Entschluss reifte also in mir, eines Tages ein Fohlen zu ersteigern und für dessen Entwicklung die Verantwortung zu übernehmen.


Fohlen nach der Geburt

Fohlen wenige Stunden nach der Geburt


Als bei einem befreundeten Pferdefreund und Züchter ein Stutfohlen "fiel", war der Zeitpunkt gekommen. Ein direkter Verkauf kam für ihn nicht in Frage, nur eine Versteigerung konnte dem Wert des Fohlens gerecht werden. Die Anmeldung zur Elite-Auktion war bereits erfolgt und der Versteigerungstermin stand fest.


Was blieb also anderes übrig? Eine zweistündige Fahrt zum Ort der Fohlenversteigerung war angesagt, der Transport von Nervennahrung in Gestalt von reichlich Schokolade inklusive.


Die Versteigerung von Tieren, insbesondere Pferden, ist ein Überbleibsel aus uralten Zeiten. Objekte der Begierlichkeit wie Bilder, Skulpturen oder Antiquitäten im Rahmen eines Bieter-Wettbewerbs zu vermitteln, mag nahe liegen, handelt es sich dabei um Gegenstände von ideellem Wert. Entscheidend für den Kaufpreis ist das emotionale Verlangen des Bieters, das jeweilige Einzelstück in seinen Besitz zu bringen und zwar vorrangig vor allen Mitbewerbern. Diese auf Gefühlen, Zuneigung und Verbundenheit-mit-dem-Objekt beruhende Auswahlentscheidung der Käufer liegt auch der Pferde-Auktion zugrunde. Diese Lebewesen werden insofern nicht als Ware sondern als Raritäten mit individuellen Eigenschaften gehandelt, die Ihren Liebhaber suchen. Das ist doch der Würde eines Pferdes angemessen?


Nachdem ich die Hand lange genug zur richtigen Zeit nach oben gehalten hatte, war das Ziel erreicht. Ein glücklicher Augenblick, wenn der Zuschlag erteilt wird! Aber auch Kommentare ließ nicht lange auf sich warten: "Ja, Mädle, was willst Du denn mit diesem Fohlen?" Auf meine etwas trockene, nicht ganz ernst gemeinte Antwort hin "... geht zum Züchter zurück" - es war ja vereinbart, das Stutfohlen nach dem Besitzwechsel auf der Fohlenweide des Züchters heran wachsen zu lassen - kam ein beruhigtes "... dann ist ja recht".


Die Entwicklung zum Reitpferd folgte dem traditionellen Pfad. Fohlenweide, Aufstallung, Arbeit an der Longe, Anreiten und schließlich dressurliche Grundausbildung. Die richterliche Bewertung des Exterieurs und der Bewegung in den drei Grundgangarten führten zur Stutbuchaufnahme mit guter Benotung. Das war eine erste kleine Bestätigung, dass die Entscheidung zugunsten dieser Stute, deren Namenseintrag Carmelita lautet, nicht völlig falsch sein konnte.


Stute, 3-jährig

Carmelita, 3-jährig


Früh zeigte sich, dass sie mit Schritt und Galopp ihre "starken" Seiten ausspielen konnte, der Trab war entwicklungsfähig und heraus zu arbeiten. Eine behutsame Ausbildung zum Dressurpferd gelang mit der Unterstützung sehr guter Bereiter und Ausbilder. In der Folge war Carmelita auf Turnieren sehr erfolgreich und sammelte viele Schleifen. Durch ihre Leistung und ihre Turniererfolge erlangte sie den Status einer Sportregisterstute.
Gelände-Ausritte, Weidegang und Freilauf bilden auch heute noch die willkommene Abwechslung zum dressurlichen Arbeiten.


Jungblut

Auch schonend gerittene Dressurpferde verlieren mit zunehmendem Alter Elastizität und Leistungsfähigkeit. Oft ist bei Turnieren zu sehen, dass Pferde, die noch im Vorjahr Schwung und Dynamik zeigten, verhaltener und weniger losgelassen ihre Lektionen absolvieren. Die Verbundenheit von Pferd und Reiter hat sich über viele Jahre entwickelt, und es fällt dem Menschen schwer, den schneller fortschreitenden Alterungsprozess des Pferdes wahrzunehmen und daraus Konsequenzen zu ziehen.


Getreu dem Motto, handle bei Zeiten..., sah ich mich nach einem Nachwuchspferd um. Wieder sollte es ein Fohlen sein - meine bisherigen Erfahrungen ermutigten mich sehr. Und meine Wahl fiel dieses Mal auf ein Hengstfohlen, das bei dem befreundeten Züchter als Spätgeborener das Licht der Welt erblickte.


Zehn Jahre nach der Auktion, bei der ich das Stutfohlen ersteigert hatte, einigten wir uns auf einen Besitzerwechsel ohne offizielles Rahmenprogramm. Kein Fohlentransport, keine Auktions-Courtage, keine Teilnahme an einer Elite-Versteigerung und keine schlauen Kommentare zum Kauf, welch eine Erleichterung!


Ersatzweise ließ ich mich gern davon überzeugen, dass das Hengstfohlen eines Tages ein berühmter Stammvater bildschöner Dressurpferde werden würde, und dass einer baldigen Körung rein gar nichts im Wege stünde. Dem beizupflichten fiel mir nicht schwer, war das Fohlen doch wirklich hübsch anzusehen, gesund und lebhaft. Und der Name des Vaters sprach für sich: Sarkozy.


Hengstfohlen

Hengstfohlen mit Mutterstute


Das Marbacher Gestüt bietet Hengstfohlen die Möglichkeit, bis zum Alter von etwa 3 Jahren in eine Jungtier-Herde aufgenommen zu werden. Ich hatte Glück und erhielt einen Platz. Aus dem Absetz-Fohlen entwickelte sich im ersten Jahr ein wenig proportioniertes Jungpferd, weshalb man scherzhaft Fohlen-Besitzern oft empfiehlt, den Nachwuchs am besten zwei Jahre lang erst gar nicht anzusehen. Dazu kommt, dass die heranwachsenden Pferde das Immunsystem ausbilden müssen und dabei manche Kinderkrankheiten überstehen, die zum Beispiel mit angeschwollene Augen oder Nasenfluss einher gehen.


Den Abschluss des zweijährigen Weideganges bildet die Musterung. Welcher Junghengst kommt in die engere Auswahl für eine spätere Körung? Als Spätgeborener noch nicht ausgereift wäre für den Junghengst eine Sattelkörung zu einem späteren Zeitpunkt in Frage gekommen. Bei der Vorstellung der Junghengste, die bei Gewitter und strömenden Regen stattfand, wollte sich das noch wenig entwickelte Kerlchen nicht präsentieren. Vielmehr suchte es den Kontakt zum Züchter und zur Besitzerin unter dem Regenschirm anstatt sich im ausgesteckten Viereck losgelassen zu bewegen. Nach kurzer Überlegung und Diskussion stand fest, wir behalten ihn in unserer Nähe. Die Empfehlung des sehr erfahrenen Oberstallmeisters lautete ohnehin: "Der braucht noch seine Zeit und dann wird daraus ein ganz feines Dressurpferd." Wie recht er hatte.


Von der Marbacher Weide nach Ammerbuch bei Tübingen ist es kein weiter Weg. Für die Umstellung des Wallachs auf ein Leben mit zwar täglichem Weidegang war es aber doch doch ein einschneidendes Ereignis, vorwiegend im Stall in unbekannter Umgebung zu sein. Regelmäßiges Training an der Longe, Freispringen, Bewegung in der Führanlage sowie Anlegen von Sattelgurt und Satteldecke sind ungewohnt. Dann, das erste Mal das Gewicht einer Reiterin zu tragen, stellt eine schwierige Aufgabe dar, die den Gleichgewichtssinn gewaltig auf die Probe stellt.


Solaro trabt

Solaro 5-jährig



Seinen Namen "Solaro" erhielt er nach einem weiteren Umzug, der ihn als Vierjährigen in den Stall brachte, in dem auch Carmelita zu Hause ist. Seine Dressurausbildung macht beste Fortschritte, sein Interesse, Geübtes freiwillig zu wiederholen und Neues anzubieten, zeichnet ihn aus. Er sammelte erfolgreich erste Erfahrungen auf Turnieren.


Solaro platziert

Dressurpferde-A-Platzierung, 5-jährig



Einige Fotos und die Abstammungstafeln von Carmelita und Solaro habe ich für Interessierte zusammen gestellt. Bitte zum Ansehen den jeweiligen Namen in der linken Leiste anklicken ...

Wenn Sie mir eine Mitteilung senden wollen, dann schreiben Sie bitte an:


webmaster@horse-affairs.com


... und hier noch eine andere Hörprobe der Bläsergruppe am Ende meiner Website:

Bläsergruppe

Jagdhorn-Bläsergruppe

Hörprobe




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